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Der Stress und ich Teil 1 von 3

In diesem Teil meines Berichtes geht es um stress-bedingte Krankheiten. Wenn Du erst wissen möchtest, warum ich mich mit Stress beschäftige, was Stress eigentlich genau ist und warum er krank machen kann, dann lies erst den ersten Teil meines Berichtes. Wenn Dich erst interessiert, welche Stressoren wir in der Branche haben und was sie mit uns machen, lies erst den zweiten Teil meines Berichtes.

Ich wollte ja folgendes wissen:

Gibt es eine Verbindung zwischen der Eventbranche, erhöhten Stresslevel und einem erhöhten Auftreten von stress-bedingten Krankheiten?

Und dafür hatte ich im ersten Teil erstmal geklärt:

  • Was Stress überhaupt ist und
  • den aktuellen Forschungsstand zu stressbedingte Krankheiten durchforstet.

Und im zweiten Teil habe ich festgestellt

  • welche Stressoren es in der Eventbranche gibt
  • dass wir ein erhöhtes Stresslevel haben und
  • dass Stressoren und Stresslevel zusammenhängen.

Im diesem Teil meines Berichtes untersuche ich jetzt

  • ob wir mehr stressbedingte Krankheiten in der Eventbranche haben und
  • ob Stresslevel und stressbedingte Krankheiten zusammenhängen.

Stress Symptome

Ursprünglich wollte ich in meiner Umfrage nur stress-bedingte Krankheiten abfragen. Dafür musste ich die Frage so formulieren, dass die Befragten nur Krankheiten angeben konnten, die auch diagnostiziert wurden. Sonst gibt es ein großes Durcheinander von subjektiven Empfindungen.

Da es aber auch Menschen gibt, die nicht gerne und oft zum Arzt gehen, vielleicht aber trotzdem eine stress-bedingte Krankheit haben, habe ich einen Sonderteil hinzugefügt. Die Fragen für diesen Sonderteil zu typischen Stress-Symptomen habe ich dem Burnout Assessment Tool (BAT) von Schaufeli et al. (2020) entnommen. Damit wollte ich verhindern, dass mir diese Menschen mit ihren Symptomen durch die Lappen gehen.

Von den 1.142 Teilnehmern berichteten 1.138 (99,65 %) über ein oder mehrere Symptome im Zusammenhang mit Stress.

In der Grafik seht Ihr, dass 95% der Befragten die Tendenz haben, sich Sorgen zu machen. 91% leiden an Muskelschmerzen, 81% fühlen sich von Lärm und Menschenmengen gestört und immerhin noch 50% haben Angst- oder Panikattacken. Das sind natürlich jetzt subjektiv gefühlte Symptome ohne Diagnose. Bei den Diagnosen wird die Angststörung auch noch einmal abgefragt und hier geben 16% an, eine solche Diagnose zu haben. Die Diskrepanz kann zum Beispel daher kommen, dass viele Menschen keinen Arzt aufsuchen, um sich die Krankheit diagnostizieren zu lassen.

Trotzdem finde ich, dass die Zahlen ziemlich hoch sind. In der Gruppe waren nur 4 Menschen, die gar keine der Symptome hatten.

Stress-bedingte Krankheiten

Insgesamt wurden von 577 Personen (51 %) 1.201 Krankheiten gemeldet. Betrachtet man die Diagnosen, gibt es auch hier einige sehr interessante Erkenntnisse.

Bluthochdruck (282 Personen, 25 %) war die am häufigsten diagnostizierte Erkrankung. Am zweithäufigsten wurde eine Depression diagnostiziert (263, 23 %). Es folgen Burn-out-Syndrom (233, 20 %), Angstzustände (186 Personen, 16 %), Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (82,7 %), (Magen-) Geschwüre (66, 6 %), andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (57, 5 %), Herzinfarkte (35 Personen, 3 %) und Schlaganfälle (15, 1 %).


Krankheiten im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung

Jetzt ist das so erstmal nicht aussagekräftig. Denn 51% Bluthochdruck hört sich sehr hoch an, aber wenn man bedenkt, dass in der normalen D-A-CH-Bevölkerung 29% einen diagnostizierten Bluthochdruck haben, sieht es gar nicht mehr so schlimm aus.

Deswegen musste ich die Daten mit denen der Bevölkerung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH) vergleichen. Dafür habe ich aktuelle Zahlen der Bundesämter für Statistik genommen und sie anhand eines Schlüssels anteilsmäßig der Bevölkerungsstärke zusammengerechnet. Diese Zahlen habe ich dann mit meinen Umfragewerten verglichen und es ergab sich folgendes Bild:

In diesem Bild erkennt man sofort, wo die vermeintlichen Probleme liegen. Nämlich bei den Depressionen, Angststörungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).
Aber bleiben wir kurz beim Bluthochdruck. Der Vergleich scheint auf den ersten Blick erfreulich, jedoch ist die Zahl leider nicht repräsentativ, da der Altersdurchschnitt der befragten Gruppe bei etwa 38 Jahren lag, während der der durchschnittlichen D-A-CH Bevölkerung etwa bei 42-44, je nach Land, liegt. Bluthochdruck ist aber ein Symptom, dass erst ab dem Alter von 45 Jahren allmählich auftritt (Jaret, P., 2021). Man müsste also für einen realen Vergleich die D-A-CH Werte der Bevölkerung zwischen 18 uns 65 haben. Und die habe ich leider nicht. Ein weiterer Punkt, der die Werte verfälscht, ist dass viele männliche Personen sich nicht darüber im Klaren sind, dass sie unter hohem Blutdruck leiden (DHL, n.d.). Bei einem Anteil von 85% männlicher Befragter ist auch hier davon auszugehen, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt. Was ich also sagen will, ist, dass wir wahrscheinlich gar nicht so gut aussehen, wie es hier scheint, aber für diese These habe ich nur Indizien und keine Beweise.

Aber jetzt zu den Depressionen! 23% der Befragten gaben an, eine diagnostizierte klinische Depression zu haben. Je nach Land gilt dies für 8-9% der D-A-CH Bevölkerung. Zusätzlich ist die Depression eine Krankheit, die häufiger bei Frauen als bei Männern diagnostiziert wird. Da der Anteil der männlichen Befragten bei 85% liegt, ist auch hier die tatsächliche Diskrepanz deutlich höher als angezeigt.

Auch im Bereich des Herzinfarktes gibt es Einiges zu bedenken. Je nach Quelle sind 30%-40% der Herzinfarkte noch am selben Tag tödlich. Dies Zahl der Herzinfarkte der D-A-CH Bevölkerung (2%) beinhaltet also auch diejenigen, die an dem Herzinfarkt verstorben sind. Die Zahl der Befragten (2,89%) beinhaltet natürlich nur diejenigen, die den Herzinfarkt überlebt haben, also weder Ekke, noch Jörg, noch Martin oder Woody konnten an meiner Umfrage teilnehmen. Auch hier ist also die Zahl der wirklichen Herzinfarkte höher als gemessen.

Um meine Frage zu beantworten, ob wir mehr stressbedingte Krankheiten haben als die Durchschnittsbevölkerung: Ja, haben wir. Bis auf den hohen Blutdruck waren alles Diagnosen deutlich höher als im Schnitt und selbst dort ist aus oben genannten Gründen fraglich, ob wir wirklich besser dastehen als der Rest.

Zusammenhang zwischen Stress und Krankheit

Es gibt wirklich sehr sehr viele Studien, die den Zusammenhang zwischen Stress und stress-bedingten Krankheiten belegen. Aber Ihr wisst schon – Eiscreme und Ertrinken - ich wollte prüfen, ob das auch innerhalb meiner Gruppe wirklich zusammenhängt. Wenn Ihr Teil II nicht gelesen habt, schaut Euch dort doch nochmal kurz das Beispiel Eiscreme und Ertrinken an. Wenn es keinen Zusammenhang zwischen Stresslevel und Diagnosen gäbe und ich mir innerhalb meiner Gruppe die Menschen mit extrem hohem Stresslevel anschaue, sollten sie etwa gleich viele Diagnosen haben wie der Durchschnitt. Das ist aber nicht der Fall. Der Durchschnitt der Befragten hatte 1,9 Diagnosen. Die besonders gestressten Menschen (PSS >26) hatten 4,9 Diagnosen, also mehr als doppelt so viele.

Und genauso habe ich die These andersherum getestet: Befragte mit mehr als 13 Diagnosen hatten ein durchschnittliches Stresslevel von 23,42, während der Durchschnitt der Befragten ein Stresslevel von 16,95 hatte.

Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass der Stress in einem Zusammenhang mit dem gehäuften Auftreten von stress-bedingten Krankheiten steht.

Diese ganzen Daten und Annahmen habe ich statistisch getestet um sicherzugehen, dass ich keine Zufälligen Ergebnisse erzielt habe und meine Ergebnisse auch wirklich belastbar sind. Wen das interessiert, der kann das gerne in meiner Studie nachlesen. Das Ergebnis der Berechnungen war, dass alle Ergebnisse belastbar sind, bis auf die Annahme, dass wir mehr Bluthochdruck haben als der Schnitt, was nicht überrascht.

Das müssen wir jetzt erst mal sacken lassen, denn was diese Zahlen sagen ist: Unser Job stresst uns so sehr, dass wir davon krank werden. Und zwar mehr, als Menschen in anderen Jobs.

Natürlich möchten wir jetzt als erstes wissen, was wir dagegen tun können, und dazu habe ich mir auch eine Menge Gedanken gemacht und geforscht, aber das ist ein Thema für einen anderen Tag.